In Sozialen Netzwerken erscheint das Teilen von “Kony 2012” als Form von politischem Mikro-Aktivismus mit gleichzeitiger performativer Herstellung einer spezifischen Online-Identität. In der analogen Welt existiert diese Handlung so nicht. Hier wird das Individuum zur Bildung einer politisch relevanten Gruppe teilweise anonymisiert. Es zählt nicht das digitale Personenprofil, sondern allein der Aktionismus. “Cover The Night” schlug fehl, weil es nicht “auf die Straße” transformiert werden konnte. Für diese Umwandlung fehlten der Bewegung die analogen Wurzeln.
Fazit
An diesem Beispiel wird deutlich, dass politischer Online-Aktivismus nicht, wie eingehens befürchtet, die neue Form von politischem Aktivismus ist, die die alte zu ersetzen droht. Vielmehr lässt sich erkennen, dass politischer Online-Aktivismus als neuartige und eigene Form zu anderen Formen der politischen Partizipation hinzukommt. Die Eigenschaften dieser neuen Formen folgen den technischen Möglichkeiten der digitalen Plattformen, auf denen sie stattfinden, und zeichnen sich vor allem durch breitflächige Kommunikation bei gleichzeitiger Performanz von Identität aus. Online- und Offline-Proteste können sich gegenseitig unterstützen und befeuern, dennoch funktionieren sie nach grundlegend verschiedenen Logiken, die nicht ohne Weiteres ineinander umgewandelt werden können.
Online-Aktivismus ist also im Gegensatz zur eingehenden Befürchtung durchaus eine Form der politischen Beteiligung. Es stellt sich allerdings heraus, dass es sich dabei um eine neue und von anderen Formen des Protestes abzugrenzende Erscheinung handelt. Online-Aktivismus folgt den Logiken der Sozialen Netzwerke und steht für Kommunikation und Identitätsperformanz im Netz und muss in der wissenschaftlichen Betrachtung als eigenständiges Phänomen abgegrenzt von und in Relation zu anderen Protestformen betrachtet werden.